Rebootkiller: Die größten Hindernisse bei der beruflichen Neuorientierung (Folge 2)
Die wenigsten Karrierereboots scheitern an Banken oder schlechten Ideen. Oft sind mentale oder persönliche Stolpersteine der Grund dafür, dass alles so bleibt wie es ist. In dieser Serie stellen wir die größten Rebootkiller vor und zeigen, wie man sie überwindet.
In der letzten Folge haben wir darüber geschrieben, dass viele Karriere-Reboots an einem überraschenden Grund scheitern: zu perfekter Planung. Wir nennen das Masterplan-Zwang. Statt zu lange in der Planungsphase zu verharren, empfehlen wir, erste Ideen in einem kleinen und sicheren Rahmen zu testen, frei nach dem Motto: Act first, think later. Ein Grund für das Hinauszögern ist die Angst davor, mit der eigenen Idee zu scheitern. Dafür kann es gute Gründe geben. Manchmal sind aber selbst die berechtigtsten Zweifel am Ende unbegründet, wie das folgende Beispiel zeigt: Der gelernte Elektromechaniker Jürgen Courret war Mitte 50, als die Firma, für die er 15 Jahre gearbeitet hatte, in die Insolvenz ging. Courret hatte als leitender Angestellter einen „tollen Arbeitsplatz“, wie er selbst sagt. Die Zeit vor der Insolvenz wurde für ihn allerdings zur Belastungsprobe. „Der Stress war damals so hoch, dass die Kündigung eine wahre Erlösung für mich war“, so Courret. Die Erleichterung wich jedoch schnell der Frage, wie es weitergehen sollte. „Mit 50 gibt es auf dem Arbeitsmarkt nicht viele Alternativen. Also beschloss ich, mich als Mountainbike Guide selbstständig zu machen.“
Ich dachte, man müsste jung sein, um damit Geld zu verdienen.
Courret musste nicht bei null anfangen. Seit einigen Jahren schon führte der begeisterte Sportler ehrenamtlich Mountainbike-Kurse beim Unisport an der TU Kaiserslautern durch. Mit dieser Tätigkeit von nun an aber sein gesamtes Einkommen zu erwirtschaften, erschien ihm erst einmal unwahrscheinlich. „Ich hätte niemals gedacht, mein Hobby auch mal kommerziell betreiben zu können“, so Courret. Immerhin ist der Markt für Mountainbike-Touren schon sehr gesättigt. Seine größte Sorge aber war sein Alter: „Ich dachte, man müsste jung sein, um damit Geld zu verdienen. Ich war mir sicher, die Kunden würden junge Fahrer erwarten.“
Viele zweifeln an ihrer Geschäftsidee und ihren Fähigkeiten
Ein Muster, das sich auch in den Tiefeninterviews, die wir mit vielen Neustartern durchgeführt haben, zeigte: Zweifel an der Geschäftsidee sind weit verbreitet. Viele erfolgreiche Gründer sind zunächst lange skeptisch, ob ihr Angebot wirklich den Nerv der Zeit trifft und eine Zukunft hat. Genauso häufig kommen auch Selbstzweifel vor: „Andere können das besser“, „Ich muss noch so viel lernen“ oder „Wer würde mir schon Geld dafür geben?“ sind typische Gedanken, die mit einem Karriere-Reboot einhergehen.
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Mein größter Irrtum war, zu glauben, dass ich mit über 50 zu alt für diese Sache bin.
Wie sich zeigte, waren Courrets Zweifel aber unbegründet. „Mein größter Irrtum war, zu glauben, dass ich mit über 50 zu alt für diese Sache bin. Heute weiß ich, dass viele Leute gerade deshalb zu mir kommen.“ Courret hat aus einer vermeintlichen Schwäche eine Stärke gemacht – indem er in einem Markt, der von jungen Anbietern dominiert wird, eine Nische gefunden hat, die ihn von seinen Wettbewerbern unterscheidet. Courret beschäftigt heute zwar auch junge Fahrer, ein Großteil seiner Kunden kommt aber bewusst zu ihm. „Ich habe langjährige Erfahrung, bin mir meiner Grenzen bewusst und kann gerade unerfahrene Fahrer unterstützen und motivieren“, erklärt Courret. „Die wollen gar keinen 22-jährigen Top-Athleten, sondern fühlen sich gerade dann wohl, wenn ich bei ihnen bin.“
Lesen Sie nächste Woche über Rebootkiller #3: Ablehnung im Umfeld.
Bisher erschienen:
Rebootkiller #1 – Masterplan-Zwang
Rebootkiller #3 – Die besten Freunde
Der Textauszug stammt aus unserem Artikel „Auf zu neuen Ufern“, erschienen im Mai 2014 im Magazin managerseminare. Hier finden Sie den vollständigen Artikel als Free-Download.