Rebootkiller: Die größten Hindernisse bei der beruflichen Neuorientierung (Folge 3)
Die wenigsten Karrierereboots scheitern an Banken oder schlechten Ideen. Oft sind mentale oder persönliche Stolpersteine der Grund dafür, dass alles so bleibt wie es ist. In dieser Serie stellen wir die größten Rebootkiller vor und zeigen, wie man sie überwindet.
Letzte Woche haben wir über Selbstzweifel geschrieben und gezeigt, dass hinter einer vermeintlichen Schwäche oftmals eine Stärke stehen kann. Doch nicht nur die eigenen Zweifel können einen Neustart behindern, auch im sozialen Umfeld sind oft Widerstände zu überwinden, wie folgendes Beispiel zeigt. Wolfram Kramer konnte es kaum erwarten, seinen Freundeskreis in seine Pläne einzuweihen. Der Pharmavertreter hatte in den vergangenen Monaten den Plan gefasst, sein Lehramtsstudium der Biologie, das er vor über zehn Jahren abgebrochen hatte, wieder aufzunehmen. Als Werkstudent hatte er damals von seinem heutigen Arbeitgeber ein gutes Angebot bekommen. Kramer nahm an und brach sein Studium ab. Der Job gefiel ihm, er legte sich ins Zeug und stieg schnell auf. Sein Wunsch, Lehrer zu werden, lag in all den Jahren zwar auf Eis, ganz aufgegeben hatte er ihn aber nie. „Am Anfang war ich froh, gut zu verdienen. Aber mit den Jahren habe ich immer mehr den Sinn meiner Arbeit hinterfragt“, sagt Kramer heute. Als er dann auch noch die Arbeit für einen gekündigten Kollegen übernehmen sollte, war für ihn das Maß voll.
Mein Umfeld hatte nur Unverständnis für meine Pläne übrig.
Beim nächsten Bowling-Abend erzählte er seinen Freunden von seinem Vorhaben, das Studium wieder aufzunehmen. Von dem Moment an lief alles anders als erwartet. „Ich sehe die Gesichter noch heute vor mir“, erinnert sich Kramer. „Während die eine Hälfte mich anschaute, als hätte ich den Verstand verloren, verzog die andere Hälfte säuerlich das Gesicht.“ Als er an diesem Abend nach Hause kam, war er deprimiert. Die Entscheidung, sein altes Studium wieder aufzunehmen, hatte ihn viel Kraft und Mut gekostet. Als er sie dann aber einmal getroffen hatte, fühlte er sich optimistisch, sogar enthusiastisch. „Seit Jahren war ich nicht mehr so voller Energie. Am liebsten hätte ich sofort losgelegt“, erinnert er sich. „Aber mein Umfeld hatte nur Unverständnis für meine Pläne übrig.“
Im Freundeskreis ist der Widerstand oft am größten
War er sich vorher noch sicher, die richtige Entscheidung zu treffen, begann er jetzt heftig daran zu zweifeln. Die zahlreichen Einwände seiner Freunde irritierten ihn so sehr, dass er sein Vorhaben zunächst sogar aufgab. Wolfram Kramers Erfahrung ist leider typisch: In unseren Tiefeninterviews, die wir mit rund 50 Berufsumsteigern geführt haben, berichtete ein Großteil der Befragten davon, im Freundeskreis auf die größten Widerstände gestoßen zu sein. Kommen dann auch noch Bedenken vom besten Freund hinzu, bleibt von der Aufbruchstimmung meist nicht viel übrig.
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Am Anfang des Veränderungsprozesses muss die Idee Raum zum Wachsen haben.
Wolfgang Kramer würde seine Pläne heute nicht mehr so frühzeitig im Freundeskreis offenlegen. Sicher, ab einer gewissen Phase ist es gut, seine Pläne kritisch hinterfragen zu lassen – insbesondere von Menschen, die unsere Persönlichkeit, unsere Stärken und Schwächen gut kennen. „Gerade am Anfang des Veränderungsprozesses ist es aber wichtiger, einer Idee den Raum zum Wachsen zu geben und die vielen Zweifel erst einmal beiseitezuschieben“, so Kramer. In dieser Phase sind Unterstützer gefragt. Sein Studium hat er inzwischen abgeschlossen und in seiner Referendariatszeit war er nicht mal der einzige „Quereinsteiger“. Wie viele andere Interviewte fand Kramer die nötige Unterstützung in seiner Familie. „Meine Lebensgefährtin und mein Bruder haben mich unterstützt, das durchzuziehen. Und wenn ich alles hinschmeißen wollte, haben sie mich bestärkt, weiterzumachen. Ohne die Unterstützer in meiner Familie hätte ich sicher aufgegeben.“
Lesen Sie nächste Woche über Rebootkiller #4: Der goldene Käfig.
Bisher erschienen:
Rebootkiller #1 – Masterplan-Zwang
Rebootkiller #2 – Selbstzweifel
Der Textauszug stammt aus unserem Artikel „Auf zu neuen Ufern“, erschienen im Mai 2014 im Magazin managerseminare. Hier finden Sie den vollständigen Artikel als Free-Download.