Zwischen Medizin und Comic-Kunst
Fünf Tage die Woche im selben Büro zu sitzen, mit den selben Kollegen und jahrelang den selben Job zu machen, das kann irgendwann eintönig werden. Doch welche Alternative gibt es, ohne gleich alles hinzuschmeißen? Das zeigt das Beispiel von Georg von Westphalen.
Der Mediziner, der Karriere beim Ärzte-Portal DocCheck gemacht hat, hatte eines Tages das Gefühl, dass er etwas ändern muss. Seine Leidenschaft seit der Jugend war es, Comics zu zeichnen. Der 42-Jährige wusste aber, wie schwierig es war, allein davon zu leben – und es wäre ihm auch zu eingeschränkt gewesen. „Außerdem wäre ich dann gezwungen, Aufträge anzunehmen, mit denen ich mich nicht identifizieren kann, so wie es meine Kollegen teilweise machen müssen.“
Also fragte er seinen Chef, ob er in Zukunft nur noch drei Tage die Woche seinem alten Job nachgehen könnte, um dann zwei Tage Zeit fürs Zeichnen zu haben. Der war überhaupt nicht begeistert. Aber Westphalen war fest entschlossen, sein neues Arbeitsmodell auszuprobieren und weil sein Vorgesetzter ihn als Mitarbeiter nicht verlieren wollte, vereinbarten die beiden schließlich ein entsprechendes Teilzeitmodell. „Jetzt habe ich in beiden Bereichen so viel zu tun, dass ich eigentlich nie fertig werde.“ Montags freut er sich aufs Büro, aber an den anderen beiden Tagen findet er es auch schön, zuhause zu zeichnen.„Ich bekomme mein regelmäßiges Einkommen von DocCheck und kann mich deshalb beim Zeichnen auf Projekte konzentrieren, die mir am Herzen liegen“, erzählt Westphalen.
Was würdest du tun, wenn für dein Einkommen gesorgt wäre?
Für die Figur „Bernd das Brot“ vom Kinderkanal entwarf er das Character Design, also den Charakter und das Aussehen – sein bisher größter Erfolg im Zweitberuf. Eines seiner Herzens-Projekte jedoch ist das bedingungslose Grundeinkommen, eine gesellschaftliche Idee, die Westphalen fasziniert. Auf seiner Seite cimoc.de zeigt er seinen Comic: „Du bist der Grund für ein Einkommen“, den er für die Kölner Initiative Grundeinkommen gezeichnet hat.
Feste Überzeugungen spielen eine große Rolle in Westphalens Leben. Obwohl er Medizin studierte, um Arzt werden zu können, erkannte er schon während der Praxisphasen der Ausbildung, dass sein Idealbild des Mediziners wenig mit der Realität zu tun hatte. Es fehlte die Zeit für die Patienten: „Im Gesundheitssystem ist inzwischen fast alles dem Primat der Ökonomie untergeordnet. Wir haben eine ineffiziente Zweiklassenmedizin, zu Lasten der Patienten.“
Er rät jedem, der mit seinem Leben wegen des Berufs unzufrieden ist, sich zu fragen, was er tun würde, wenn für sein Einkommen gesorgt wäre. „Und wie lässt sich das – vielleicht wenigstens zum Teil – in die heutige Realität übertragen?“
Der Mediziner und Comiczeichner ist sich sicher, dass man bei der Arbeit generell in sehr viel kürzerer Zeit das gleiche schaffen könnte wie heute, wenn man sie nur anders organisieren würde. Sein Chef müsse ihm jetzt weniger Gehalt zahlen, bekomme aber vergleichsweise mehr dafür, weil er viel effizienter arbeite und es auch nicht kategorisch ausschließe, an den Comic-Zeichnen-Tagen etwas fürs Büro zu tun. „Gerade die guten und engagierten Mitarbeiter, die sich sonst einen anderen Job suchen würden, kann man durch solche Möglichkeiten nicht nur halten, sondern auch motivieren.“ Von diesem Argument ließen sich bestimmt noch mehr Chefs überzeugen.